„Bei Stenge Theo“ prangt auf einem großen Holzschild über dem Biergarten-Ausschank des Gasthofs Rinkens. Seit vielen Jahrhunderten war es in Fronhoven und dem umliegenden Kirchspiel Lohn üblich gewesen, alteingesessene und oftmals auch kinderreiche Familien zur besseren Unterscheidung mit einem speziellen Beinamen zu versehen. Meist bezogen sich diese mundartlichen Beinamen auf bestimmte Vorfahren dieser Sippen. So auch bei der Gastronomen-Familie Rinkens, die seit Generationen mit der mundartlichen Kurzform „Stenge“ für Christine benannt wird.

Auf mehr als 200 Jahre Gastronomie-Tradition kann der heutige Eigentümer verweisen. Wie mehrere seiner Vorfahren hatte auch der jetzt 49-jährige Theo Rinkens eigentlich nicht geplant, die Gastwirtschaft seiner Eltern zu übernehmen. „Aber man soll halt niemals nie sagen – das wurde für mich ganz schnell klar, als mein Vater 1983 mit gerade mal 45 Jahren starb. Erst wenige Jahre zuvor hatten wir, bedingt durch den nahen Braunkohlentagebau, hier unser neues Domizil bezogen. Da meine Mutter nach dem frühen Tod meines Vaters ebenfalls krankheitsbedingt ausfiel, musste ich mich sehr schnell entscheiden. Schließlich hatte ich als Kfz-Mechaniker bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung, mein jüngerer Bruder Heinz hatte aber gerade erst sein Abitur gemacht und plante ein Studium – aber nichts mit Gastromie. Also habe ich noch die Hotelfachschule in Dortmund besucht und den Betrieb offiziell übernommen,“ erzählt Theo Rinkens rückblickend. Nichts mit Gastronomie hatte auch Theos Vater Matthias Jahrzehnte vorher geplant, wie der heutige Inhaber erklärt: „Denn eigentlich war in der Familie vereinbart worden, dass meine Tante Marlies die Gaststätte weiterführen würde. Mein Vater hatte sich darauf vorbereitet, die Landwirtschaft zu übernehmen und mein Onkel Josef hatte nach dem Besuch von Haus Overbach eine Ausbildung und Angestelltenlaufbahn in der Firma Dohmen begonnen.“ Doch die hübsche Marlies ließ sich einfach wegheiraten und führte mit ihrem Mann jahrzehntelang in Mausbach eine Tankstelle. „Das waren ja schon gewisse Parallelen, denn irgendwie ist eine Gaststätte ja auch eine Tankstelle,“ kommentiert Theo Rinkens die Entscheidung seiner Tante schmunzelnd.

Frauenpower über Generationen – Die Rinkens’sche Familiengeschichte ist durchgängig geprägt von starken Frauen. Frauen wie der Urahnin Christine, deren Namenskürzel „Stenge“ seit Generationen die Familie begleitet. Oder Elisabeth Rinkens, die als Ehefrau von Theo’s Großvater das Sagen hatte – gemeinsam mit Sophie, der vor Kurzem verstorbenen „guten Seele“ des Hauses. „Unsere Sophie war im Zweiten Weltkrieg in ihrem Landjahr zu Opa in den Betrieb gekommen. Sie gehörte schon bald zur Familie und blieb auch nach dem Landjahr. Siebzig Jahre hat sie hier mitgearbeitet und nach dem Rechten geguckt – dafür hat sie natürlich einen besonderen Ehrenplatz in unserer Erinnerung. Und meine Frau Claudia, die in Thüringen eine Hotelfach-Ausbildung absolviert hat, führt diese Riege der starken Rinkens- Frauen fort. Wenn unser Koch seinen wohlverdienten Urlaub genießt, ist sie die Küchenchefin und kümmert sich außerdem immer um unsere Auszubildenden. Denn bei uns ist es einfach gute Tradition, allen Mitarbeitern ein familiäres Arbeitsklima zu bieten. Schließlich verbringen sie einen Großteil ihrer Zeit hier und arbeiten oft, wenn andere Freizeit haben. Unsere Mitarbeiter sind unsere Familie – ohne sie ginge hier gar nichts, obwohl wir natürlich auch froh sind, Unterstützung und Interesse von unseren Söhnen zu erfahren,“ betont Theo Rinkens.

Offen für die Zukunft – aber ohne jeglichen Zwang. Die beiden hatten vor Jahren erklärt, nicht in die elterlichen Fußstapfen treten zu wollen, denn der Gastronomiebetrieb mit Übernachtungsmöglichkeit und vielen Gesellschaftsveranstaltungen fordert seine Eigentümer praktisch rund um die Uhr.
„Max hat jetzt gerade Abitur gemacht und wird nach den Ferien in Essen BWL studieren. Aber er ist ja praktisch in unserem Betrieb aufgewachsen und kann uns nun problemlos vertreten, wenn wir mal ein paar Tage Urlaub machen möchten. Stephan hatte zuerst Chemie studiert, dann doch Geschmack an der Gastronomie gefunden und erfolgreich eine Ausbildung am Aachener Quellenhof absolviert. Nun ist er 25 und arbeitet im renommierten Londoner Restaurant „The Square“ als Chef de Rang,“ erzählt Claudia Rinkens, die sich mit Ehemann Theo absolut einig darüber ist, dass jeder der Söhne für sich selbst entscheiden sollte, ob er vielleicht irgendwann einmal den Traditionsbetrieb übernehmen möchte oder nicht. Theo Rinkens hat nicht nur längst mit seiner Frau Claudia sein privates Glück gefunden, er könnte sich auch beruflich nichts mehr anderes vorstellen: „Man wächst eben mit seinen Aufgaben – und mit unseren Mitarbeitern und sympathischen Gästen macht die Arbeit einfach Spaß.“

„Auszug aus Eschweiler Life 4/2011“